… stellt sich mir auf halber Treppe ein schon etwas älterer, weißhaariger, sichtlich erregter Nachbar in den Weg. Wild gestikulierend zeigt er hinauf zur Tür der Familie mit vermutlich türkischem Migrationshintergrund. Mitempörung heischend fordert er mich auf: “Was sage sie dazu?!”
Ich blicke hinauf, einige Schuhe stehen neben dem Schuhschrank, zugegebenermaßen nicht akkurat in Reih und Glied angeordnet. Allerdings erspähe ich nichts, was mir auf Anhieb ausreichend wäre, um diesen emotionalen Ausbruch plausibel zu erklären. Sicherheitshalber frage ich nach: “Auf was beziehen Sie sich denn?”
Seine Antwort trägt nicht wesentlich zur Spezifizierung bei: “Ei schaue sie doch doo!” Vielleicht ist seine Empörung tatsächlich eher unspezifisch-allgemein gegen diese Familie gerichtet. Vielleicht hat er auch einfach ein Rad ab. Auf jeden Fall nichts, was meine weitere Aufmerksamkeit wert sein sollte. Achselzuckend stapfe ich an ihm vorbei die Treppe hoch.
Nun beschleicht ihn ein schrecklicher Verdacht: “Gehöre sie zu denne?!” Nun muss ich ja zugeben, mit meinen zwei Metern, blonden Haaren und blauen Augen sehe ich auch genau so aus, wie man sich den berüchtigen Stiefvetter zweiten Grades aus Nordanatolien schon immer vorgestellt hat. Zumindest wenn man unter Altersdemenz und extremer Sehschwäche leidet und der Restblut-im-Alkohol-Anteil gewisse Grenzen unterschritten hat.
Eine weitere Diskussion der Angelegenheit macht offensichtlich keinen Sinn und so ungefähr teile ich ihm das auch mit: “Nö, ich halte mich einfach nur aus sowas raus.”
Ich würde gerne behaupten, ihn ab hier ignoriert zu haben, aber er war so sprachlos, dass mir dazu gar keine Chance blieb.