Ja, da müssen wir leider einen Hubschrauber holen…

just diesen Sommer hatten wir richtig Spaß mit unserer Klimaanlage. Für alle die es nicht wissen, die durchschnittliche Großklimaanlage besteht auf der einen Seite im Regelfall aus einem Klimaschrank (enthält einen Riesenventilator, zusätzlich noch einen Verdichter, der Kältemittel komprimiert und durch Verdampfen des Kältemittels direkt nach dem Verdichten die Kühlrippen im Luftstrom runterkühlt und außen auf dem Dach einem Verflüssiger, der im großen und ganzen ein großes Kupfer-Gerippe ist, das mittels eines weiteren Riesenventilators die Außenluft heizen darf. (Das Kältemittel darf beim Durchfluß durch das Gerippe wieder kondensieren.) Für die Physiker unter uns: klassischer Carnot-Prozeß. Zusätzlich baut man meist noch eine Heizung in den Klimaschrank ein und einen Luftbefeuchter, um das gesamte Raumklima regeln zu können.

An dem Ding war eigentlich nur ein kleines Detail kaputt: der Verdichter (darf nach ca. 15 Jahren treuen Diensten auch mal passieren.).

Diagnose unseres freundlichen Technikers der Firma Linde: Kurzschluss im Verdichter, muß man komplett wechseln. (Womit er vollkommen recht hat. Leider sind seine Chefs nicht so schlau, denn das war schlußendlich die einzige richtige Entscheidung, die die Firma ab diesem Zeitpunkt zustandebekommen hat.)

Sein Chef wird angerufen und soll nach einem Ersatzverdichter recherchieren. Leider ist dieser nicht mehr lieferbar und außerdem das verwendete Kühlmittel inzwischen etwas aus der Mode gekommen, da ein zu gefährliches Treibhausgas. (R22)

Folglich wird empfohlen auf neues Kältemittel umzustellen. Dazu wird ein Spezialist aus Freiburg eingeflogen, der die Sache doch bitte begutachten und kompetent über die Bühne bringen soll.

Der Spezialist kommt und hat gleich drei der vier wichtigsten Handwerkerantworten parat, die man kennt: “oh-oh-oh”, “das wird teuer”, “das müssen wir alles neu machen”. (Zum: “Brauchen Sie eine Rechnung” sind wir glücklicherweise nicht vorgedrungen, was ich hier auch nicht unterstellen möchte 🙂 )

Der Verflüssiger auf dem Dach sei in einem schlechten Zustand und die Umstellung auf ein neues Kältemittel erfordere einen neuen Klimaschrank. Außerdem könne man den Verflüssiger sowieso nicht mit dem neuen Kältemittel betreiben, schließlich würde hier mit anderen Druckverhältnissen gearbeitet, die das Ding nicht aushalten würde. Wir rekapitulieren an dieser Stelle noch einmal: der Verflüssiger ist ein großes Kupfergerippe, durch das das Kältemittel gejagt wird. Wie genau erkennt man hier einen schlechten Zustand? Außerdem stellt sich später raus: das neue Kühlmittel arbeitet tatsächlich mit anderen Druckverhältnissen, allerdings mit insgesamt niedrigeren…

Zu guter letzt fragt man sich, warum man bei Änderungen im Kältekreislauf eigentlich den ganzen Klimaschrank (bestehend aus großem Ventilator, einem großen Filtersystem, der Heizung, dem Luftbefeuchter und zu guter letzt dem Verdichter) auswechseln muß? Der Verdichter ist ja praktischerweise kaputt, den muß man tatsächlich wechseln, aber der Rest?

Naja, mag ja alles sein, aber Fakt ist, daß so ein Verflüssiger nicht einfach so auf’s Dach kommt, der muß da entweder per Kran oder jetzt kommt der kostensparende Vorschlag unseres Spezialisten, mit einem Lastenhubschrauber draufgesetzt werden.

Gesamtkosten der Aktion: irgendwas zwischen 22 und 30 TEUR.

Naja, dafür kann man eigentlich das ganze Klimasystem nochmal neu überdenken.

Alternativlösungen klingen nett, kosten aber ca. 60 TEUR und bis das über die Stromkosten wieder drin ist, dauert es eine Weile.

Kommen wir zum Ausgangspunkt: der Verdichter. Etwas Googeln ergibt, daß zwar der Verdichter wirklich nicht mehr lieferbar ist, aber vergleichbare Ersatzverdichter ohne Probleme einbaubar sind.

Es findet sich sogar eine Firma, die einem das Ding für ca 2 TEUR beschaffen kann.

Frohen Mutes rufe ich wieder bei Linde an. Ich hätte da jetzt eine Quelle für einen Verdichter, sie könnten ihn gerne einbauen, ob sie sich das vorstellen könnten.

Rumgedruckse, ja ginge, aber dann hätten wir ja immer noch das alte Kältemittel.
Aber wenn ich unbedingt wollte: Arbeitszeit ca. 500 EUR, dann ginge das schon.

Einige Tage später erfolgt ein erboster Anruf aus Freiburg. Das wäre ja eine ganz dumme Idee, der Verflüssiger könnte ja jederzeit undicht werden. Man könnte sich aber gnädigerweise vorstellen, das ganze für etwas über 4 TEUR über die Bühne zu bringen. Allerdings wäre es doch immer noch sinnvoller, auf neues Kältemittel umzustellen. Kostet dann auch nur einen Klimaschrank pauschal irgendwas um die 11 TEUR.

Naja, hatte ich vorher noch nicht vollkommen eingesehen, aber beim nächsten Mal weiß ich: wenn Leute Hubschrauber ins Spiel bringen: gleich das Unternehmen zum Teufel jagen und örtliche Vergleichsangebote ziehen.

Die kommen dann auch und sind durchaus unterhaltsam. Gleich vorneweg: alle geben ein sinnvolles Angebot ab, liegen nur im Preis leicht auseinander und brauchen unterschiedlich lange, um auf die richtige Lösung zu kommen. Den Zuschlag erhält schlußendlich der Kollege, der gar nicht vorbeikommt, sondern sich das Problem kurz am Telefon anhört, sich laut frägt was der Unfug eigentlich soll und den Verdichter austauschen und dabei gleichzeitig auf neues Kältemittel umstellen will. (Wäre ja an sich gar nicht so unpraktisch, weil den hätte man ja dafür eh wechseln müssen.) Was noch lustiger kommt: den Kältemittelbedarf schätzt er als einziger fast richtig, ohne sich das ganze vor Ort angeschaut zu haben!

Wir sind glücklich, Kostenpunkt war am Schluß knapp über 3 TEUR, alles läuft wieder, fehlt nur noch ein freundlicher Brief an die Firma Linde (jetzt von einem Ami namens Carrier gekauft worden), daß in Deutschland noch nicht unbedingt das Bildungsniveau von Amerika erreicht ist und sich deshalb nicht jeder Kunde grenzenlos verladen läßt.

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