Kleinstaaten aller Länder, vereinigt Euch! Bitte!

Mal wieder auf Reisen, diesmal hinter den sieben Schwarzwaldbergen, bei den sieben Schwabenzw… oder so. Jedenfalls führt mich die Reise in den Osten, über die Grenze. Die befindet sich in Vaihingen (Enz), dort endet das Territorium des Fürstentums Verkehrsverbundes KVV und es beginnt das Feindesland das Herzogtum der Verkehrsverbund Stuttgart (VVS).

Treue Leser dieses Blogs (ja, ich meine euch beide) werden sich vielleicht daran erinnern, dass ich sowas wie eine Jahresnetzkarte für den KVV besitze. Klare Sache, die Karte deckt die Strecke bis Vaihingen (Enz) ab, also gehe ich am Karlsruher Hauptbahnhof auf einen der freundlichen Fahrkartenautomaten zu und betouche ihn dahingehend, dass ich eine Fahrkarte von Vaihingen (Enz) zu meinem schwäbischen Zielbahnhof erwerben möchte.

Und an genau der Stelle ist Schluss – neben der inaktiv-grauen Verbindungsinformation steht “Verbundtarif – Verkauf nur am Abfahrtbahnhof”. Ich frage mich ein bisschen, wie der Automat sich das vorstellt. Soll ich in Vaihingen (Enz) aussteigen, den Fahrer bitten, kurz zu warten (“lassen Sie den Motor laufen!”), und dort die Fahrkarte kaufen? Bzw. frage ich das den Automaten, aber der antwortet nicht. Nur die Frau am Nachbarautomaten schaut mich an, als würde sie an meiner geistigen Gesundheit zweifeln.

Die Angelegenheit muss also anders geklärt werden, im Zweifelsfall im Zug. Dort erhebt sich kurz nach der Abfahrt aus Karlsruhe jemand, den ich rein visuell zunächst für einen sich dreist in der ersten Klasse herumlümmelnden Penner gehalten hätte, weist sich als Kontrolleur aus und verlangt, die Fahrausweise zu sehen. Nach einem flüchtigen Blick auf meine KVV-Netzkarte nickt er zufrieden und geht weiter. Aber so leicht kommt er mir nicht davon, der ist kein Automat, der sich stumm hinter einem Touchscreen mit Auswahlmenü verstecken kann, der ist ein Mensch, der muss mir antworten. Und so rufe ich ihn zurück und gebe zu Bedenken, dass mein Reiseziel jenseits der Grenze läge, aber der Automat in Karlsruhe usw. usf. Wie man sich das denn jetzt von Seiten der Bahn vorstelle?

Im Prinzip so, wie ich mir gedacht habe, also in Vaihingen (Enz) aussteigen und Fahrkarte kaufen. Nur das “den Fahrer bitten, kurz zu warten” sei zu ersetzen durch “den Zug wegfahren lassen und mit dem nächsten Zug (eine Stunde später) weiterfahren”.

Auch auf mehrfache Nachfrage bleibt er dabei, dass er das ernst meine.

Was der Schwachsinn solle? Naja, beginnt er zu erklären, dass sei aus steuerrechtlichen Gründen so. Weil die Verkehrsverbünde ja alle getrennt wären, und von den Ländern her halt… – naja eben aus steuerrechtlichen Gründen.

Mein “Hä?!” steht mir so deutlich ins Gesicht geschrieben, dass sich ein älterer Herr herüberbeugt und beruhigend meint “das muss man nicht verstehen.” Ich würde es aber gerne verstehen und vor allem wissen, wen ich dafür hauen kann. Aber auch dafür hat der ältere Herr einen guten Rat: “Alle in einen Sack und feste drauf, trifft immer den Richtigen.” Ich bin ja kein Fan von Pauschalisierungen, aber zumindest was Bahn- und Verkehrsverbund-Management und Provinzfürstenpolitiker angeht, für die die Verbundtarife wohl eine Fortsetzung der Kleinstaaterei mit anderen Mitteln sind, finde ich das durchaus einen vernünftigen Vorschlag.

Die einstündige Bahnhofsbesichtigung in Vaihingen (Enz) ist mir dann doch erspart geblieben, weil ich zuvor in Karlsruhe den Automaten überlistet habe: Die letzte Station vor der Grenze ist Illingen (Württ.) und eine Fahrt von Illingen (Württ.) zu meinem schwäbischen Zielbahnhof führt damit sowohl durch KVV- als auch durch VVS-Gebiet und ist damit wohl nach dieser Logik weder Sache des KVV, noch Sache des VVS, sondern Angelegenheit der Deutschen Bahn AG, weswegen der Automat der Deutschen Bahn AG in diesem Falle befugt ist, mir eine Fahrkarte für diese Strecke zu verkaufen.

Übrigens: Bei VVS-Fahrkarten, also für die Fahrt ab Vaihingen (Enz) gibt es keine Bahncard-Ermäßigung, für DB-Fahrkarten ab Illingen (Württ.) schon. Das hat den unerwarteten, aber erfreulichen Nebeneffekt dass ich so für die längere Strecke ab Illingen (Württ.) weniger bezahlt habe, als wenn ich in Vaihingen (Enz) ausgestiegen wäre, um die Anschlussfahrkarte zu kaufen. Oder ist das steuerrechtlich so geplant und gewollt?

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